Infrastruktur in der Wasserversorgung

Mikrobielle Einflüsse des Klimawandels auf die Trinkwasserleitungen

Allgemeine Bemerkungen zur Hygiene in den Trinkwasserleitungen.

Ungefähr 95 % der Bakterien in Trinkwasserverteilungssystemen kommen auf der Innenoberfläche von Rohrleitungen in Biofilmen vor, während sich etwa 5 % planktonisch in der Wasserphase befinden (Flemming et al., 2002). Für ein französisches Trinkwassernetz wurde berechnet, dass in Rohrleitungen von 100 mm Durchmesser die Anzahl angehefteter Bakterien 53fach bis 77fach höher waren als die im entsprechenden Wasservolumen vorhandenen (Servais et al., 1992).

  • In Trinkwasserverteilungssystemen ist die überwiegende Mehrheit der Mikroorganismen angeheftet in Biofilmen.
  • In den Biofilmen besteht das Potenzial von mikrobiellem Wachstum.
  • Es besteht ein dynamisches Gleichgewicht, zwischen dem Biofilm und der Wasserphase.
  • Trinkwasserbiofilme bestehen zum großen Teil aus Mikroorganismen, die kein Gesundheitsrisiko für den Menschen darstellen.
  •  Gelegentlich kommen hygienisch relevante Mikroorganismen, die entweder fäkaler Herkunft sind oder aber aus der Umwelt stammen, in Biofilmen vor.

Temperaturabhängigkeit des mikrobiellen Wachstums

Die Intensität des  Bakterienwachstums ist abhängig von der  Umgebungstemperatur. Der prinzipielle Verlauf ist in der folgenden Abbildung dargestellt.

Generelle Abhängigkeit des mikrobiellen Wachstums von der Temperatur (Grobe et al. 2014)

Einige hygienisch relevante Bakterien präferieren Temperaturen, die häufig in Trinkwasserleitungen auftreten und durch eine durch den Klimawandel verursachte Erhöhung der Temperaturen ein vermehrtes Wachstum aufweisen (vgl folgende Tabelle).

Beispiele für die Temperaturpräferenzen hygienisch relevanter Bakterien (Grobe et al. 2014)

Insbesondere die oben ausgeführte Legionella pneumophila tritt möglicherweise erst im Zuge des Klimawandels vermehrt auf, da die 25 °C wahrscheinlich in verschiedenen Gebieten in Trinkwasserleitungen häufiger überschritten werden.

Nicht nur der Klimawandel und die damit einhergehende Erhöhung der Lufttemperatur hat Einfluss auf Wassertemperatur in den Leitungen, sondern auch die Art des Einbaus der Leitungen. So spielt für die Temperatur im Boden neben der Einbautiefe vor allem die Beschaffenheit der Bodenoberfläche eine westliche Rolle. Bei natürlichen bzw. bewachsenen Oberflächen findet meist im erheblichen Maße Verdunstung statt, die zur Kühlung des Boden beiträgt. Die Änderungen  durch Versiegelung sind in der folgenden Animation skizziert, bei der nur noch die unmittelbare Oberflächenfeuchtigkeit direkt nach einem Regenereignis zur Verdunstung zur Verfügung steht. Auch die kühlende Schattenwirkung durch die Vegetation entfällt weitgehend bei den versiegelten Flächen.

Auswirkung der Versiegelung von Flächen auf die lokale Verdunstung und damit auf den Temperaturhaushalt

Die Auswirkung der Oberflächenbeschaffenheit konnte bei einer Studie in Oberhausen anhand der Wassertemperaturen in den Leitungen in den verschieden Gebieten der Stadt exemplarisch gezeigt werden. Insbesondere im Sommer (am Beginn des Diagramms) zeigen sich Unterschiede von bis zu 10 °C zwischen den einzelnen Gebieten. Der am stärksten versiegelte innerstädtische  Bereich tritt hierbei mit den höchsten Temperaturen deutlich hervor (siehe folgende Abbildung). Zum Winter hin werden die Unterschiede geringer und auch die Rangfolge der Temperaturen ändert sich. Dies trifft insbesondere auf den Wald zu, da hier die vorhandene Biomasse dämpfen auf die niedrigen Temperaturen wirkt.

Wassertemperaturen in verschieden Teilen von Oberhausen (WW bedeutet Winter Weizen), (Merkel et al. 2014)

Klimatisch bedingte mechanische Belastung des Leitungsnetzes

Leitungen sind häufig in heterogenem Substrat (Boden) verlegt. Insbesondere in tonreichen Böden können hierbei Quell- und Schrumpfprozesse auftreten, die Scherspannungen auf das Leitungssystem ausüben können. Diese Situation verschärft sich durch den Klimawandel, da insbesondere längere Trockenperioden zu erwarten sind und daher die Austrocknung sowie damit einhergehende Schrumpfung des Bodens besonders intensiv sind (vgl. folgende Abbildung). Weiterhin treten im Zuge des Klimawandel auch vermehrt Starkniederschläge auf, die eine rasche Wiederbefeuchtung und damit ein schnelles Quellen des Bodens bewirken können und somit zu erhöhten Scherspannungen führen können.

Ein weiterer möglicher Effekt ist der zusätzliche Wasserverbrauch, der stärkere Schwankungen im Wasserverbrauch verursacht, die eine zusätzliche mechanische Belastung bewirken kann. Weiterhin ist durch die höhere Wassertemperatur eine verstärkte Korrosion möglich (vgl. folgende Abbildung).

Mechanische Belastungen des Leitungsnetzes, verstärkt durch die Effekte des Klimawandels (Merkel et al. 2014)

In der folgenden Abbildung ist schematisch der oben beschriebene Effekt von in heterogenem Substrat mit einem Beispiel dargestellt.

Belastung durch heterogenes Bodensubstrat (Merkel et al. 2014)

zurück zu: Klimawandelfolgen in der Wasserversorgung