Die möglichen Anpassungsmaßnahmen an die klimabedingten Veränderungen, lassen sich nach Kompartimenten unterscheiden.
Wasserversorgungsnetz
Um hygienischen Problemen die aufgrund der Erwärmung des Leitungsnetztes auftreten entgegenzuwirken sind folgende Maßnahmen möglich (nach Merkel et al. 2014):
- Aufbereitung von mikrobiologisch-stabilen Trinkwasser:
- z.B. optimierte Fällung/Flockung, Schnellfiltration ,biologisch aktivierte GAC-Filtration, Langsamsandfiltration, gesteuerte Ozondosierung.
- Solche Maßnahmen verringern nachweislich die Aufkeimungsgefahr bei Temperaturanstieg durch verringerte Biofilmbildung, geringere Neigung zur Einlagerung/Vermehrung von hygienisch relevanten Mikroorganismen (P. aeruginosa, L. pneumophila) im Biofilm.
- Desinfektion mit Depoteffekt erhöht die hygienische Sicherheit
- wirkt aber nicht gegen dauerhafte Einnistung von Krankheitserregern nach Kontaminationen.
- Mikrobiologische Stabilität sollte bei jedem Wasserversorgungsunternehmen geprüft werden durch eine Untersuchung des Trinkwassers und der Eingesetzten Materialien im Netz im Bezug auf erhöhte Temperaturen.
- Erwärmung des Trinkwassers vermeiden durch:
- Ausreichende Fließgeschwindigkeit sicherstellen (Durchmesser, Vermaschung),
- Stagnationszonen identifizieren und umbauen (Endstränge, Vermaschung),
- Generell sind Oberflächennahe Leitungen in versiegelten Gebieten besonders gefährdet und sollten daher bei Maßnahmen prioritär behandelt werden.
- Instandhaltung des Netzes senkt die Verwundbarkeit. Hierbei ist eine Auswechslung spröder Rohrwerkstoffe (vor allem bei Verlegung in bindigen Böden) empfehlenswert.
- Daher empfiehlt sich eine Risiko- und Potentialanalyse für jedes Versorgungssystem im Bezug auf Netzstruktur, Komponenten, -betrieb und Wasserbeschaffenheit, um Maßnahmen geziehlt identifizieren und priorisieren zu können.
Maßnahmen gegen Wassermangel
Um klimawandelbedingten Wassermangel abzumildern können im Wesentlichen zwei Maßnahmengruppen unter schieden werden. Bei einem generellen Wassermangel kann das Wasserdargebot erhöht werden. Im Falle eines saisonalen mangels kann auch mit Wasserzwischenspeicherung gearbeitet werden. In der folgenden Abbildung ist eine Übersicht von Maßnahmen in einem Landschaftsabschnitt dargestellt.
Erhöhung des Wasserdargebots
Um das Wasserdargebot zu erhöhen ist ein weg die Änderung der Landoberfläche. Eine weitere Möglichkeit ist es Wasser welches sonst abgeleitet wird zu nutzen. Die folgende Tabelle stellt mögliche Maßnahmen zusammen (die in Klammern gesetzten Zahlen beziehen sich auf die oben stehende Abbildung)
Maßnahme | Wirkprinzip und Auswirkung |
Änderung der Landnutzung (1,11) | Verringerung der Verdunstung und Interzeption; Erhöhung der Grundwasserneubildung; Erhöhung des Basisabflusses |
Änderung der Bewirtschaftung (11) | Erhöhung der Infiltration und Verringerung der Verdunstung mit Hilfe von Bodenbearbeitung und anderen landwirtschaftlichen Bearbeitungsmaßnahmen; Minimierung von Bewässerungsverlusten |
Stätische Regenwassergewinnung (7) | Erhöhung der Infiltration anstelle schneller Wasserabfuhr in das Kanalsystem und die Gewässer; Erhöhung der Grundwasserneubildung |
Einzugsgebiets-übergreifender Wassertransfer (10) | Überleitung von „Überschusswasser“ benachbarten Einzugsgebieten (aus größeren Talsperren) |
(nach Thomas et al. 2011)
In der folgenden Abbildung sind Studien zur Quantifizierung des Effektes von Landnutzungsänderungen zusammen gestellt. Ähnliche Maßnahmen zeigen dabei mit unter unterschiedliche Wirkungen. Solche Unterschiede sind häufig auf unterschiedliche klimatische Wasserbilanzen in unterschiedlichen Regionen zurückzuführen. Auch unterschiedliche Bodeneigenschaften können dabei eine Rolle spielen.
Eine Methode für die Weiternutzung von Wasser stellt die Städtische Regenwassergewinnung dar. Potentiell kommen dafür versiegelte Flächen in Frage. Das bedeutet für Deutschland dass 13,3 % Siedlungen und Verkehrsflächen sind (Destatis, 2009) und davon grob geschätzt 50 % davon als versiegelt angesehen werden können. Dabei können sich Maßnahmen zur Entsiegelung/Regenwasserinfiltration je nach der Grundwassersituation positiv oder negativ auf die Grundwasservorräte auswirken. Bei hochstehendem Grundwasser kann der Verdunstungsschutz durch versiegelte Flächen überwiegen Bei tiefstehendem Grundwasser kann die zusätzliche Infiltration überwiegen (Querner und van Lanen 2001). Eine aufwendige aber sehr effektive Methode zur erhöhung des Wasserdargebots stellt der Einzugsgebietsübergreifende Wassertransfer Im großen Stil finden diese Transfers von allem in semiariden oder semihumiden Räumen statt und haben oft Bewässerungszwecke. Trinkwasser wird sehr häufig in anderen Einzugsgebieten gewonnen
Wasserzwischenspeicherung
Wenn Wasserknappheit in Mitteleuropa auftritt, ist diese in vielen Fällen Saisonal. Dies ermöglicht die Nutzung des Wassers während der Feuchten Saison für die trockene Saison durch Wasserzwischenspeicherung. Die Maßnahmen (vgl. folgende Tabelle) Reichen dabei von der Konstruktion von künstlichen Wasserspeichen, bis zur verbesserten Ausnutzung der natürlichen Wasserspeicher durch Renaturierung von Feuchtgebieten und Flussläufen. eine Auffüllung des Grundwassers kann auch technische Maßnahmen wie die Verwendung von Schluckbrunnen erfolgen. Hierbei ist insbesondere auf die Wasserqualität des zu infiltrierenden Wassers zu achten da eine natürliche durch die Boden und Gesteinspassage bei forcierter Infiltration nicht mehr gewährleistet ist. Eine weitere Methode Möglichkeit ist die Infiltation von Abwasser, wobei hier der Wasserqualität ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.
Maßnahme | Wirkprinzip und Auswirkung |
Künstliche Grundwasserneubilddung (und Wiederauffüllung) (2,8) und Gewässerrenaturierung (5) | Verzögerung des Grundwasserstromes zum Gewässer durch Erhöhung des Basisabflusses; Erhöhung des Grundwasserstandes in Flussnähe Wiederauffüllung unter Verwendung von Schluckbrunnen o. ä. |
Oberflächenwasserspeicher (3,4) | Wasserspeichernutzung zur Sicherstellung des Minimalabflusses / Grundwasserstandes |
Feuchtgebiets- und Wassermanagement (9,12) | Abhängig von der Lokalen Hydrogeologie können Feuchtgebiete den Minimalabfluss/Grundwasserstand Sicherstellen wie Wasserspeicher. Falls das nicht der Fall ist können Verdunstungsverluste minimiert werden (durch Herabsetzung des Grundwasserspiegels); höheres Grundwasser an Gräben ermöglicht weniger Bewässerung während Trockenperioden und manchmal sogar eine Erhöhung des Basisabflusses |
Abwasserrecycling | Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser für Bewässerung und Grundwasserneubildung |
(nach Thomas et al. 2011)
Zusammenfassung
Eine Übersicht über die Maßnahmen zur Erhöhung des Wasserdargebots ist in der folgenden Tabelle dargestellt. Dargestellt wird hierbei die mögliche Wirksamkeit (Erzielbares Volumen), die Bedingungen für eine Umsetzung (Zeit zur Umsetzung, Betriebsaufwand und Konfliktpotential) und die Steuerbarkeit (Reaktionszeit).
Talsperren
Bei der häufigen Variante zur Wasserzwischenspeicherung, den Talsperren sind folgende Aspekte zur Klimaanpassung zu nennen.
Talsperrenmanagement
Eine Grundlage für die Anpassung an den Klimawandel von Talsperren an den Klimawandel kann die simulation zukünftiger Zustände sein. Hierbei ist es Beispielsweise möglich eine Multikriterielle Optimierung der Talsperrenbewirtschaftung durchzuführen (Lennartz et al. 2013). Hierbei wird auf Grundlage eines hydrologischen Modells die rezente hydrologische Einzugsgebietsdynamik der zukünftigen hydrologischen Einzugsgebietsdynamik gegenüber gestellt. Zur Ermittlung der zukünftigen Dynamik wird dabei auf Klimamodelldaten Zurückgegriffen. Mit den Einzugsgebietsdaten wird für beide Fälle ein Talsperrenbewirtschaftungsmodell verwendet um Bewirtschaftungsoptionen bewerten zu können. Hierbei ist es nach
Lennartz et al. 2013 besonders wichtig unterschiedliche Kriterien mit einem Mehrzieloptimierungsalgorithmus gleichzeitig zu betrachten.
Ziele die in einem solchen Mehrzieloptimierungsalgorithmus gleichzeitig Berücksichtigung finden können sind Beispielsweise (nach
Lennartz et al. 2013):
- Maximierung die Versorgungssicherheit der Trinkwasserversorgung durch die Talsperre
- Hierzu dient unter anderem die Maximierung die Wahrscheinlichkeit einer vollen Talsperre im Monat April
- Minimierung der Überleitungsmenge aus einem benachbarten Einzugsgebiet zur Stützung der des Talsperrensystem
Dabei müssen in diesem Beispiel noch weitere Kriterien berücksichtigt werden:
- Die ökologischen Mindestabgaben haben eine höhere Priorität als die Trinkwasserabgabe der Talsperre.
- Die maximalen Abgaben an den Unterstrom zum Hochwasserschutz werden wenn möglich eingehalten. Ebenso wird der Hochwasserschutzraum frei gehalten, und im Falle eines Einstaus schnellstmöglich wieder geleert.
Gewässerschutz:
Für die Vermeidung der Eutrophierung und die Minimierung von diffusen Stoffeinträgen aufgrund von Niederschlagsereignissen ist Erosionsschutz (u. a. durch naturnahe Ufergestaltung) eine geeignete Maßnahme. Zudem ist die Schaffung ausreichender Kapazitäten von Abwasseranlagen zum Rückhalt von Nähr- und Schadstoffen sowie Krankheitserregern wesentlich (nach Willmitzer 2007). Beide Maßnahmen sind Aufgrund der zu erwartenden Häufung von Starkniederschlägen, durch den Klimawandel, besonders zu beachten und die Bemessungen anzupassen.
Nach einem Erosionsereignis verteilen sich die Schwebstoffe/Sedimente zunächst in Abhängigkeit der Thermischen Schichtung in der Talsperre. Wie in der folgenden Abbildung erkennbar schichtet sich die Trübung zunächst in den oberen Bereichen der Talsperre und verteilt sich während der Frühjahrsdurchmischung im April im gesamten Wasserkörper.
Talsperrenbewirtschaftung
Für die Trinkwassernutzung ist die Menge an kaltem, sauberen Tiefenwasser ist ein entscheidender Parameter. Dieses Wasser kann mit einem vergleichsweise niedrigen Aufwand aufbereitet werden. Da die Sommerstagnation über einen längeren Zeitraum sich verlängern wird, ist die Verfügbarkeit von kaltem, sauberen Tiefenwasser neu zu bewerten.
Ein typischer verlauf der Wärmeverteilung in einer Talsperre ist in der folgenden Abbildung dargestellt.
Um das wertvolle Tiefenwasser bei einem Starkregenereignis für die weitere Nutzung verfügbar zu halten ist es wichtig das zur Talsperrenentlastung nicht das Tiefenwasser verwendet wird sondern möglichst das belastete Wasser abgelassen werden kann. Wie in der folgenden Animation dargestellt ist hierfür ein oberflächennaher Ablass geeignet.
Anpassungsmaßnahmen – Fazit
aus den vorigen Ausführungen lässt sich zusammengefasst ableiten, dass die meisten Maßnahmen nicht speziell auf den Klimawandel zielen. Es geht vielmehr um eine die Erhöhung der Robustheit der Systeme in Stresssituationen allgemein. Dabei sind die wesentlichen Strategien zum einen mehr Wasser „in der Landschaft zu halten“, und zum anderen die Infrastruktur mit auf höhere Temperaturen und erhöhte Wassermengendynamik (wenig und viel) auszulegen.
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